Sara Cochran

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Text in German

Imperial Beach [PDF]
Catalogue Villa Aurora, Pacific Palisades, 2007

Would the legendary architectural critic Reyner Banham recognise today’s LA? Many of his beloved bungalows, open front gardens and ding-bat apartments have disappeared. It’s not just remodeling. There has been a shift in attitude: gates, fences and walls. California was famous for letting it all hang out but these days, it seems it would prefer not to do that in public anymore.

Due to a desire for privacy or need for protection, the trappings of security have become ubiquitous. No doubt, this originated with the aesthetic of exclusivity of the Hollywood rich and famous – dark glasses, body guards and air of elite luxury. However, post-the-1992-riots and post 9/11, this morphed into a larger and broader concern. LA’s once open expansive urban environment has taken on the visual vocabulary of control and exclusion: gated communities, oversized vehicles, surveillance cameras, barriers, alarm systems, guards and a stated preference for 24-hour armed protection. The civilianized version of the Hummer and fitness classes called ‘boot camps’ are emblematic of this wider shift.

Although largely symbolic, this need of those who consider themselves important enough to be at risk, to express their strength, power and protection has real implications. It sacrifices the ideals of public spaces and civic discourse in order to achieve an illusive individual sense of security – an issue that Eva Grubinger taps into in her billboards of bobbing heads of becalmed surfers in the ocean.
By their size, these billboards command attention but the anonymity and flatness of her camera’s long focus has the feel of journalistic, distanced reportage. There is no text or other form of explanation: the surfers' attention is focused towards the horizon (most have their back turned towards the camera), and while they might just wait for the next wave, in their black wetsuits and with their boards half-submerged, they also inevitably evoke the image of a unit of special operations forces about to strike.

Grubinger named this series for the costal city of Imperial Beach, which, like all of California, has a double legacy. On one hand, there was the 1887 real estate developer who imagined a pleasant summer retreat with a popular boardwalk and boisterous dance pavilion for the inhabitants of the hotter in-land valleys. On the other, there was the military. The 10th U.S. Cavalry was stationed on the heights of Camp Herne in the 1880s in case of trouble on the U.S.-Mexico border. The number of soldiers was not sufficient to repel an invasion but they gave peace of mind and bolstered the city’s economy. Since the 19th century, military bases in the area have multiplied. The current Navy landing strip on Ream Field has lent the area the nickname “Helicopter Capital of the World.”

Ironically, these two seemingly conflicting interests – tourism and the military – have been the motor that drives much of the sunlit dreams of the Golden State. Southern California, especially, owes a significant proportion of its wealth and jobs to the military, strategic research centers and the aerospace industries, which in turn feeds the state’s real estate boom, buoyant economy and fun-loving reputation. Currently, the convoys of anonymous white school buses delivering returning soldiers to various military camps around the state, including the massive Marine base in Twenty-Nine Palms – the largest military base in America and perhaps the world – are a jarring reminder of this old symbiotic relationship.

But the adoption of a militarized aesthetic goes beyond California’s historical role as a prominent base for defense. It speaks to a larger malaise: the shadowy global war on terror and border issues of drug smuggling, human trafficking and environmental damage. Regardless of the zealous Minutemen Civil Defense Corps and legitimate border patrol, the tide is a great equalizer. The waters of the Tijuana Sloughs just to the south of Imperial Beach are a fabled big-wave surfing spot but they are unrideable. The toxic cocktail of raw sewage and unregulated industrial run-off that flows into the ocean from the Tijuana River is a formidable deterrent.

Imperial Beach is a curious locus of recreation and military strength. Eva Grubinger’s billboards suggest a subtle connection between the exercise of leisure and that of power. After all, both are a question of privilege and are intimately linked to the history, economy and identity of California – despite the fact that only one of them makes it on the postcards.

Imperial Beach [PDF]
Katalog Villa Aurora, Pacific Palisades, 2007

Würde der legendäre Architekturkritiker Reyner Banham das heutige Los Angeles wieder erkennen? Viele seiner geliebten Bungalows, offenen Vorgärten und Schuhkarton-Apartments sind verschwunden. Das ist nicht nur das Resultat gewöhnlicher Modernisierungen. Ein Wandel der Einstellung hat sich vollzogen: Tore, Zäune und Mauern. Kalifornien war bekannt dafür, sich entspannt und freizügig zu geben, scheint das aber heutzutage nicht mehr in der Öffentlichkeit tun zu wollen.

Aus Sehnsucht nach Privatheit oder Schutzbedürftigkeit sind die Sicherheitsmaßnahmen inzwischen allgegenwärtig. Diese Entwicklung geht zweifellos auf die exklusive Ästhetik der Reichen und Berühmten von Hollywood zurück – dunkle Sonnenbrillen, Bodyguards und die Aura von erlesenem Luxus. Nach den Ausschreitungen von 1992 und nach dem 11. September verwandelte sich das Thema Sicherheit jedoch zu einem viel breiteren Anliegen. L.A.s einst offenes ausgedehntes urbanes Umfeld hat das visuelle Vokabular von Kontrolle und Ausgrenzung aufgegriffen: abgeschirmte Wohngebiete, überdimensionierte Fahrzeuge, Überwachungskameras, Absperrungen, Alarmanlagen, Wachleute und eine ausgesprochene Vorliebe für Vollzeit-Überwachung durch bewaffnete Sicherheitsdienste. Die zivile Version des Hummer [amerikanisches Geländefahrzeug in militärischer Optik, A.d.Ü.] und Fitness- Kurse, die sich „Boot Camp“ nennen, sind emblematisch für diesen weit reichenden Sinneswandel.

Obwohl in erster Linie symbolisch, hat das Bedürfnis derer, die sich für wichtig genug halten, gefährdet zu sein und glauben, Stärke, Macht und Schutz demonstrieren zu müssen, reale Konsequenzen. Es opfert die Ideale des öffentlichen Raumes und des staatsbürgerlichen Diskurses einem illusorischen individuellen Gefühl von Sicherheit – eine Problematik,die Eva Grubinger mit ihren Plakatwänden von im Wasser auf- und untertauchenden Köpfen ruhender Surfern im Ozean erschließt. Durch ihre Größe ziehen diese Plakatwände Aufmerksamkeit auf sich, aber die Anonymität und Flachheit ihres Teleobjektivs vermittelt das Gefühl einer distanzierten journalistischen Reportage. Es gibt keinen Text oder eine andere Form der Erklärung: die Aufmerksamkeit der Surfer ist auf den Horizont gerichtet (die meisten sind mit dem Rücken zur Kamera gewandt), und während sie vielleicht nur auf die nächste Welle warten, wecken sie in ihren schwarzen Neoprenanzügen und mit den halb untergetauchten Surfboards zugleich unweigerlich die Assoziation von Spezialeinheiten, die kurz davor sind loszuschlagen.

Grubinger hat diese Serie nach der Küstenstadt Imperial Beach benannt, die wie ganz Kalifornien ein zweigeteiltes Erbe in sich trägt. Einerseits gab es da den Bauträger von 1887, dem ein angenehmer Ferienort mit einer viel genutzten Promenade und einem Pavillon für ausgelassene Tanzveranstaltungen für die Bewohner der heißeren Täler im Inland vorschwebte. Andererseits gab es das Militär. Die 10. U.S.-Kavallerie war in den 1880er Jahren auf den Anhöhen von Camp Herne für den Fall stationiert, dass es an der amerikanisch-mexikanischen Grenze zu Unruhen kommen würde. Die Anzahl an Soldaten hätte nicht ausgereicht, um eine Invasion abzuwehren, diente aber dem Seelenfrieden und kurbelte die Wirtschaft der Stadt an. Seit dem 19. Jahrhundert haben Militärstützpunkte in der Gegend um ein Vielfaches zugenommen. Die Landepiste der Marine, die sich heute auf dem Ream Field befindet, hat der Gegend den Spitznamen „Hubschrauber-Hauptstadt der Welt“ eingebracht.

Ironischer Weise sind diese scheinbar widerstreitenden Interessen – Tourismus und Militär – der Motor für viele der sonnendurchfluteten Träume des Goldenen Staates. Vor allem Südkalifornien verdankt einen beachtlichen Teil seines Wohlstands und seiner Arbeitsplätze dem Militär, strategischen Forschungszentren und der Luft- und Raumfahrtindustrie, was wiederum den Boom auf dem Immobilenmarkt, die sich im Aufschwung befindende Wirtschaft und den Spaß-orientierten Ruf des Staates befördert. Heute sind die Konvois anonymer weißer Schulbusse, die heimkehrende Soldaten bei den zahlreichen über den Staat verteilten Militärlagern abliefern - unter ihnen der riesige Stützpunkt der Marineinfanterie in Twenty-Nine Palms, der größte Militärstützpunkt in Amerika und vielleicht der Welt - eine deutliche Mahnung an dieses alte symbiotische Verhältnis.

Aber die Annahme einer militarisierten Ästhetik geht über Kaliforniens historische Rolle als wichtiger Operationsbasis für die Verteidigung hinaus. Sie spricht ein weiter reichendes Problem an: Den schattenhaften globalen Kampf gegen den Terrorismus und Grenzprobleme wie Drogenschmuggel, Menschenhandel und Umweltschäden. Ungeachtet der eifrigen Bürgerwehr der Minutemen und legitimen Grenzschützern sind vor den Gezeiten alle gleich. Die Wasser der Tijuana Sloughs unmittelbar südlich von Imperial Beach sind ein sagenumwobener Ort zum Surfen mit riesigen Wellen, die man jedoch nicht reiten kann. Der giftige Cocktail von ungeklärtem Schmutzwasser und unreguliertem Industrieabwasser, die aus dem Tijuana River ins Meer fließen, ist eine wirkungsvolle Abschreckung.

Imperial Beach ist ein merkwürdiger Ort der Erholung und der militärischen Stärke. Eva Grubingers Plakatwände legen eine subtile Verbindung zwischen der Ausübung von Freizeitaktivitäten und der von Macht nahe. Schließlich sind beide eine Frage von Privilegien und eng mit der Geschichte, Wirtschaft und Identität von Kalifornien verknüpft – obwohl es nur eine von beiden auf die Postkarten schafft.